Warum Bohemian craft beer

Warum gerade Bohemian craft beer ? Wie kommt man auf so einen Namen ? Wo liegen die Wurzeln der Brauerei? Bohemian begründet sich zum Einen in der zauberhaften böhmischen Landschaft mit ihrem einmaligen Zentrum Prag, der Stadt mit den goldenen Dächern. Zum Anderen in der ausufernden Lebensweise der Bohemians des Jugendstils in den Metropolen Europas. Während meiner Studienzeit an der Technischen Univesität zu Berlin verbrachte ich einen Auslandsaufenthalt in Prag und durfte noch die böhmische Brautradition kennen lernen. Eine Art und Weise Bier herzustellen, die sich im Westen schon seit Jahrzehnten industrialisiert hatte und nicht mehr zu vergleichen war. In der kommunistischen CSFR war keine Brauerei aus ökonomischen Gründen heraus gezwungen, ihr Bier in riesigen Edelstahltanks herzustellen und es mit Hopfenextrakt zu „würzen“. In Pilsen wurde noch, wie immer schon, das Malz auf Tennen mit viel Zeit  zum Keimen gebracht und von Hand gewendet. Die Würze wurde wie seit altersher im extrem aufwändigen Dreimaischverfahren in sechs Stunden hergestellt. Dabei wird die Maische immer wieder zwischen Maischbottich und Maischepfanne umgepumpt und erhitzt.  Die anderen Brauereien der Welt benötigen dazu selten mehr als zwei Stunden. Seinen unnachahmlichen Geschmack erreichte das Bier durch Zugabe von handgezupftem Hopfen aus dem böhmischen Saaz. Ein Aromahopfen wie er seinesgleichen sucht. Vergoren wurde das Bier in riesigen Holzbottichen und gereift in Holzfäsern in einem neun Kilometer langen Lagerkeller über mindestens sechs Wochen. Die Flora in den Fasern dieser Holzgebinde verlieh dem Sud seine besondere Frische und kein Sud glich dem anderen. Kein Vergleich mit den sterilen Bieren, die heutzutage mit Reinzuchthefen aus dem Labor produziert werden. So liegt es mir im Besonderen am Herzen, diese Brauweise zu erhalten und in die neue Zeit zu retten. 

Ihre Hochzeit hatte diese Brauweise in der Zeit der Jahrhundertwende vom 18. in das 19. Jahrhundert. Der Historismus war Geschichte. Ein Zeitalter der Restauration, dem Schwelgen in der Vergangenheit und der Seelenlosigkeit der Industrialisierung ging und mit der Jahrhundertwende wehte ein neuer Wind durch Europa, der Jugendstil oder Art nouveau. In der Kunst, der Architektur und der Musik gaben sie die Richtung vor, die in der Freiheit des Denkens und Schaffens endete und die Menschen freier machten von überkommenen Konventionen. Der Jugenstil erlebte seine höchste Blüte in Paris und in Prag, wo heute noch einzigartige Objekte diese Zeit konservieren, wie die Pariser Metro oder das Prager Gemeindehaus.

Die Sitten wurden liderlicher und die Kunstszene frönte der Wollust und dem Alkohol vor allem in Form der grünen Fee im Absinth und dem prächtigen Gerstensaft der böhmischen Brauereien. Diese städtische Gesellschaft bezeichnete sich gerne als Bohéme und ihre Mitstreiter waren der Bohémian und die Bohémienne. Solches Ambrosia in großen Mengen genossen trieb ihre Kreativität zu Höchstleistungen und ihre Körper ins Verderben. Die Essenz dieser Epoche fließt heute bei  Bohemian craft beer ins Glas. Rauschhaftigkeit, Zügellosigkeit und Kreativität in seiner flüssigsten Form.

Die Brautradition

Wenn 80 % der deutschen Brauereien die gleiche Hefe verwenden, wenn der Brauer sich nur noch zwischen Gersten- und Weizenmalz entscheiden muß, wenn der Einsatz von Hopfen auf den letzten Cent berechnet wird und dadurch immer mehr Hopfenextrakt zugesetzt wird. Wenn in 28 deutschen dunklen Bieren bei Untersuchungen nur noch in zweien dunkles Malz gefunden wurden und die anderen einfach mit „Farbebier“ gefärbte helle Biere sind, wenn für die Reifung der Biere selten mehr als zwei Wochen erübrigt wird, wenn selbst Profis in der Blindverkostung  keinen Unterschied zwischen den ganzen Fernsehbieren erkennen können – dann ist es Zeit für eine Umkehr. Zeit für ein Innehalten und eine Rückbesinnung. Wie wurde das Bier früher gebraut, warum wird selbst in kleineren Brauereien mehr nach industriellen und ökonomischen Gesichstpunkten gebraut und nicht nach bestmöglichster Handwerkskunst. Wie wurde früher in der Welt gebraut ? Wie sind die Brautraditionen in Deutschland, Tschechien, England, Russland oder anderswo auf der Erde ? Warum sind diese Traditionen so verschütt gegangen ?

Die Industrialisierung im ausgehenden 19. Jahrhundert brachte der Brauindustrie einen unglaublichen  Aufschwung. Durch die Entdeckung der Kältemaschine konnten sie plötzlich untergäriges Bier in riesigen Mengen herstellen. Die Qualität der Biere war weniger vom Zufall abhängig, der Preis sank und die durstigen Massen wurden überschwemmt mit dem hellen Gerstensaft. Wurde früher das Malz auf Tennen gekeimt und über kohlebetriebenen Heißlufttrocknern gedarrt. Die Biere wurden dadurch immer gleichmäßiger und eintöniger. Es ging aber weniger schief und es war billig. Die aufkommende Arbeiterschaft wurde mit dem billigen Trunk sediert und ruhig gestellt. Untergäriges Lagerbier überschwemmte die Welt. In den USA trieben deutschstämmige Brauer wie Anheuser, Busch, Miller oder Yuengling (geb. Jüngling) diese Brauweise mit dem Einsatz von Reis und Mais auf die Spitze. Weltweit wird etwa 97 % des Bieres auf diese Art und Weise gebraut. Das Oktoberfestbier war früher dunkel, obergärig und rauchig. Das heute ausgeschenkte Helle hat mit dem ursprüglichen Festbier nichts gemein. Bier wird heute auschließlich mit Reinzuchthefe in Edelstahltanks gebraut, reintönig ohne Fehler – aber auch ohne Charakter. Naturvergorene Biere muss man mit der Lupe in der Brauwelt suchen. In England gab es eine lange Tradition in der Herstellung von Ales, das Lagerbier machte ihnen den Garaus. Die CAMRA (Campaign for real Ale) kümmert sich heute um die Überreste der britischen Brautradition. Einzig in Belgien hat sich noch ein Teil der alten Brauweise erhalten. Trappistenmönche bewahrten die alten Traditionen und von den 11 heute noch erhaltenen Trappistenbrauereien sind alleine fünf in Belgien und das Westvleteren 12 gilt als bestes Bier der Welt. Dieses Handwerk gilt es zu bewahren.  Gegen jeden ökonomischen Druck, kompromisslos in der Qualität. Warum  soll ein gutes  Bier nicht so viel kosten wie eine günstige Flasche Wein ?

Die Rohstoffe

Man kann es sich als Brauer leicht machen. Man kauft sich ein helles Gerstenmalz und vielleicht noch ein Weizenmalz. Daraus kann man dann 15 verschiedene „Biersorten“ brauen: Pils, Hefeweizen, Kristallweizen, dunkles Hefeweizen (mit Farbebier), Export, Maibock, Doppelbock, Weihnachtsbier, Leichtbier, Alkoholfreies, Kellerbier, und viele andere. Es geht aber auch anders. Die Bamberger Mälzerei Weyermann hat ein Angebot von über 90 verschiedenen Malzen, mit denen der Brauer schier unendliche Möglichkeiten hat, sein Bier zu brauen. Im Höfener Nachtwächter werden zum Beispiel sieben verschiedene Malze eingesetzt: Chocolatemalt, Black malt, Pale Ale malt, Kofeemalt, Caramalz, Cara red und Melanoidinmalz. Der Böhmische Traum wird mit orignal tschechischem Tennenmalz gebraut, ein Malz das noch von Hand gewendet und verarbeitet wird. 

Haben Sie W 34/70  schon mal gehört ? Sie hatten sie bestimmt schon of im Glas. Das ist die Standardhefe der Welt für alle untergärigen Biere. Wenn man bedenkt, wie groß der Einfluss der Hefe auf das Aroma des Bieres ist, ist es wirklich erstaunlich, dass überall dieselbe Hefe genommen wird. Kostengünstig, einfaches Handling und Technologiegängigkeit sind dazu die passenden Erklärungen. Es gibt auf der Welt zehntausende verschiedene Hefen, die sich zum Brauen eignen und trotzdem nehmen alle die Gleiche. „Der Brauer macht die Würze und die Hefe macht das Bier“ heißt eine alte Brauerweisheit. So gibt es auch für jedes unserer Biere eine passende Hefe. Die Hefe ist auch bei der Flaschengärung von größter Bedeutung. Die allermeisten Hefeweizen werden heute im Tank vergoren. Das Bier wird vorher totpasteurisiert, filtriert und dann wieder nachgetrübt.